In einem fiktiven Gespräch erzählt der geflügelte Himmelsbote von der Selbstverwirklichung des Menschen.

Der Erzengel Chamuel (Camael), dessen Name etwa so viel wie „Gott ist das Ziel“ oder „wer Gott sucht“ bedeutet, ist in erster Linie für die Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung des Menschen zuständig. Er unterstützt uns dabei, alte Verhaltensmuster und belastende Einstellungen abzulegen und auch bei Schwierigkeiten gelassen zu bleiben. Mit seiner Hilfe können wir lernen, mehr Verständnis und Mitgefühl für unsere Mitmenschen aufzubringen. Wenn es die Möglichkeit gäbe, mit Erzengel Chamuel ein Gespräch zu führen, so hätte er uns möglicherweise Folgendes zu sagen:

Sie unterstützen den Menschen bei seiner Selbstverwirklichung. Wie sieht es damit in der heutigen Zeit aus?

Heutzutage ist sehr viel von Selbstverwirklichung die Rede, aber die meisten Menschen wissen nicht einmal mehr, wer sie in ihrem Innersten eigentlich sind und welche Bedürfnisse sie tatsächlich haben. Ihr wahres Selbst liegt unter vielen Verboten, Vorschriften, Anpassungen und dem Versuch begraben, ein möglichst leistungsfähiges Mitglied der Gesellschaft zu werden.

Leistung wird ja von allen verlangt. Wie soll sich der Einzelne da heraushalten?

Es ist die Tragödie eurer Zeit, dass das Leben zum Leistungssport geworden ist. Alle wollen besser, schneller und effizienter werden. Tagtäglich wird darum gekämpft, Arbeit, Freizeit, Familie und Partnerschaft unter einen Hut zu bringen. Und dabei wollt ihr noch glücklich und gesund sein! Die Menschen suchen ständig nach Anerkennung und glauben, dass sie in ihrem Beruf und ihrer Leistung Erfüllung und Freude, ja sogar den Sinn des Lebens finden, statt in sich selbst danach zu suchen.

Freude am Beruf zu haben, ist doch etwas Positives. Sehen Sie das nicht so?

Wer an der Arbeit an sich Freude hat und im Tun Erfüllung findet, ist wahrscheinlich auf dem richtigen Weg. Doch die meisten Menschen opfern sich heute für die Arbeit auf, setzen sich unter Druck – nur, um möglichst viel Geld und Erfolg zu haben. Wenn sich alles ausschließlich um den Status in der Gesellschaft, um die Sicherung des Lebensstandards und um die Anhäufung von Vermögen dreht, dann kann das nicht zu einem glücklichen und erfüllten Leben führen!

Es gibt viele Bereiche des Lebens, auch außerhalb der Arbeit, in denen sich der Mensch selbst verwirklichen kann. Würde das nicht genügen?

Es geht darum, die Opferrolle abzulegen und Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Glück und Zufriedenheit sind schließlich kein Zufall. Selbstverwirklichung bedeutet letztendlich nichts anderes, als sich von äußeren Zwängen und Einflüssen freizumachen und jenes Leben zu führen, das den eigenen Träumen, Wünschen und Vorstellungen entspricht. Das betrifft jeden Bereich des Lebens.

Das ist nicht leicht, denn wie soll ein Mensch bei all den vielen äußeren Einflüssen und Zwängen erkennen, was seine wahren innersten Wünsche sind?

Selbstverwirklichung ist ein aktiver Akt: Sie fällt einem nicht einfach in den Schoß. Selbstverständlich ist das weder einfach noch leicht und es gehört Mut dazu, sich von anderen abzugrenzen. Der erste Schritt ist die Selbstfindung, die Suche nach dem eigenen Ich. Nur, wer weiß, wie er ist und was seine Person ausmacht, kann sich und sein Verhalten besser verstehen. Man muss in sich hineinhören und sich folgende Fragen stellen: Was möchte ich tun? Wer möchte ich sein? Was ist mir wichtig? Jeder Mensch ist einzigartig und daher kann nur jeder Einzelne für sich selbst ergründen, wo seine Wünsche und Bedürfnisse liegen.

Keiner ist allein auf der Welt und daher ist jeder von seinem Umfeld abhängig. So spielen doch auch noch andere Faktoren und Einflüsse eine Rolle. Wie soll man damit umgehen?

Die Selbstverwirklichung wird einerseits von dem sozialen Gefüge, in dem ein Mensch lebt, andererseits von Vorbildern beeinflusst. Es gibt viele Menschen, die ihr halbes Leben lang versuchen, äußeren Einflüssen gerecht zu werden, um dann irgendwann zu erkennen, dass sie nicht glücklich sind. Oft beginnt dann der Selbstfindungsprozess, der eine Menge Selbstkritik verlangt. Das kann schmerzhaft werden und zu Depressionen führen. Ein professioneller Berater kann dabei ebenso hilfreich sein wie ein enger Freund oder eine gute Freundin. Es können aber auch Krisen und seelische Belastungen den Anstoß dazu geben, sich auf den Weg der Selbstfindung zu machen. Wer die Selbstverwirklichung jedoch mit vollem Einsatz anstrebt, wird am Ende dieses Prozesses ein persönliches Wertesystem finden. Er wird ein Bild von sich entwerfen, das er der auch Welt zeigt. Allerdings muss er dann damit rechnen, dass sich Neider finden, die ihm seine Nonkonformität, seinen Lebensstil und seine Unabhängigkeit missgönnen. Vielleicht muss er auch mit finanziellen Einschränkungen rechnen. Er wird jedoch reichlich mit Zufriedenheit, Erfüllung, Ausgeglichenheit und innerem Frieden belohnt.

Der Mensch muss also doch auch gewisse Entbehrungen in Kauf nehmen, wenn er selbstständig leben will?

Selbstständigkeit hat absolut nichts mit Selbstbestimmung zu tun. Das sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Wenn jemand selbstständig ist, heißt das noch lange nicht, dass er selbstbestimmt lebt. Andererseits muss Hilfsbedürftigkeit nicht Fremdbestimmung bedeuten. Wer ein selbstbestimmtes Leben führt, nimmt sich die Freiheit, das zu tun, was er für richtig hält – auch, wenn er dabei nicht auf Verständnis, sondern auf Kritik stößt. Es gibt zahllose Möglichkeiten, sein Leben selbst zu bestimmen: Wer sucht, findet in allem und jedem einen Denkanstoß. Wer jedoch glaubt, er könne sich in sein Wunschbild hineindenken, der irrt. Zuerst kommt das Erkennen, dann folgt das Nachdenken und dann das Ausprobieren in der Praxis.

Würden Sie den Menschen zum Abschluss noch einen Rat geben?

Übt Euch in Toleranz, Großzügigkeit und Nächstenliebe! Selbstbestimmt zu leben, heißt einerseits, die Bedürfnisse der anderen Menschen zu berücksichtigen, andererseits aber auch, an sich selbst zu glauben. Es ist vollkommen gleichgültig, welcher Religion ihr angehört, welche sexuelle Veranlagung ihr habt oder wie ihr euch kleidet: Wichtig ist nur, dass ihr zu dem steht, was ihr seid! Am Ende eures Lebens sollt ihr sagen können: Ich bereue nichts, ich habe gelebt!

Von Nils

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